Übertragung von SARS-CoV-2 durch Aerosole

In einem kompakten Video erklärt Urs Baltensperger vom Paul-Scherer-Institut in der Schweiz den aktuellen Stand der Forschung zur Übertragung des SARS-CoV-2 Virus durch Aerosole.

Aerosole und SARS-CoV-2

Ein Aerosol ist eine Ansammlung von Partikeln mit einem Durchmesser von weniger als 10μm - auch “Particulate Matter” (PM) oder “Feinstaub” genannt. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 5 bis 8 Mal so dick. Weil diese Partikel so klein sind, können sie für mehrere Stunden in der Luft stehen und sich verteilen - sie bilden ein Aerosol. Größere Partikel fallen hingegen schnell zu Boden.

Ein SARS-CoV-2 Virus ist 0,06μm - 0,15μm groß, also 50 bis 100 Mal kleiner als ein Aerosol-Partikel. Auf 100 Aerosol-Partikel von 10μm Größe kommen zwischen 10 und 100 Viruskopien.

In einem Aerosol sterben 50% der Viren typischerweise innerhalb einer Stunde - dies wird auch als Halbwertszeit bezeichnet. Aber die Variation ist sehr groß und abhängig von der Umgebung: Trockene Luft begünstigt das Virus, wie in beheizten Räumen jetzt im Winter. Die Halbwertszeit ist am kürzesten bei ca. 50% relativer Luftfeuchtigkeit; aber auch starkes UV-Licht tötet das Virus schneller ab, also z.B. bei direkter Sonneneinstrahlung im Freien.

Ausscheidung von Aerosol und Virus

Beim Atmen und Sprechen emittieren wir sowohl Aerosole als auch größere Partikel, während beim Husten und Niesen die ausgestoßenen Tröpfchen im Schnitt wesentlich größer sind. Diese großen Partikel fallen in einem Radius von 1-2m zu Boden (daher die Empfehlung, Abstand zu halten).

Wir emittieren je mehr Aerosole, je aktiver wir unseren Rachenraum benutzen: Beim Sprechen mehr als beim Atmen, und nochmals mehr beim Singen. Beim Sprechen scheiden wir zwischen 100 und 1000 Aerosole pro Liter Atemluft aus, was ein bis zwei Atemzügen entspricht. Beim Singen emittieren wir ca. 100 Mal mehr Aerosol als beim Atmen. Daher verwundern Berichte über Infektionen in Chorproben und Gottesdiensten nicht. Zwischen einzelnen Personen sind die Unterschiede ebenfalls groß: “Super-Emitter” produzieren bis zu 10 Mal mehr Aerosol als eine durchschnittliche Person. Leider scheint es keine Anhaltspunkte zu geben, was genau einen Super-Emitter ausmacht.

Infektionsrisiko durch Aerosolübertragung

Um sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, reichen 100 bis 1000 eingeatmete Viruskopien aus. Eine “worst-case” Abschätzung sieht somit folgendermaßen aus: Wenn ein Liter ausgeatmete Luft (ein bis zwei Atemzüge) bis zu 1000 Aerosolpartikel enthält, und ein Aerosolpartikel eine Viruskopie tragen kann, so reichen ein bis zwei Atemzüge, um sich mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu infizieren - allerdings unter der unrealistischen Annahme, dass eine andere Person die ausgeatmete, infektiöse Luftmenge sofort wieder einatmet. Allerdings reichert sich sie ausgeatmete Luft in einem Innenraum schnell an, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Über die Zeit steigt somit das Infektionsrisiko an.

Die Gegenmaßnahmen sind hinlänglich bekannt:

  • Die Menge der emittierten Aerosole senken durch das Tragen von Masken.
  • Die ausgeatmete Luft mit Frischluft verdünnen - die CO2-Konzentration zeigt, wie wenig “frisch” die Luft in einem Raum ist.
  • Die Aerosole aus der Raumluft filtern durch HEPA-Filter hoher Güteklasse und mit hohem Durchsatz.

Wissenschaftler:innen am Max-Planck-Institut für Chemie und am zypriotischen Institut für Klima- und Atmosphärenforschung haben daraus ein Modell für die Infektionswahrscheinlichkeit in Innenräumen entwickelt und die Wirksamkeit von Masken, Lüften und Luftfiltern in verschiedenen Szenarien bestätigt. Das Modell ist in Excel implementiert und frei verfügbar. Ihr könnt darin die Parameter anpassen um verschiedene Szenarien durchzuspielen.

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